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Transformationsprozesse durch und nach Corona Von Michael Müller, Arbeitsdirektor der Fraport AG

Die Corona-Pandemie hat dramatische Folgen für das gesamte gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in Deutschland. Die Luftverkehrsbranche ist besonders stark getroffen. Die Folgen dieser Krise werden wir auch in unserem Unternehmen noch jahrelang spüren. Um Fraport wirtschaftlich im Gleichgewicht zu halten, haben wir gleich zu Beginn gegengesteuert. Ein Ansatzpunkt: Mitte März 2020 haben wir konzernweit Kurzarbeit eingeführt. In den ersten Monaten dieses Jahres waren noch immer rund 80 Prozent der rund 22.000 Beschäftigten der Fraport AG und der wesentlichen Konzern-Gesellschaften am Standort Frankfurt zu rund 50 Prozent in Kurzarbeit. Sie leisten einen wichtigen Beitrag dafür, dass wir die Krise gut bewältigen können. Neueinstellungen finden seit Beginn der Krise nur in begründeten Einzelfällen statt.

Schnell wurde klar, dass die Kurzarbeit alleine nicht reichen würde, um die Personalkosten im nötigen Maß zu senken. Da es noch Jahre dauern wird, bis wir beim Verkehr wieder das Vorkrisenniveau erreichen, haben wir den sozialverträglichen Abbau von rund 4.000 Stellen im gesamten Konzern angestoßen. Dieser Schritt ist mir persönlich nicht leichtgefallen – schließlich waren wir jahrelang der brummende Jobmotor der Region Rhein-Main. Aber er war notwendig, um das Unternehmen im finanziellen Gleichgewicht zu halten und in Zukunft wieder mit dem Markt wachsen zu können.

Mittlerweile ist das Abbauziel fast vollkommen erreicht. Zum 1. April dieses Jahres haben bereits rund 3.900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Konzernunternehmen am Standort Frankfurt verlassen. Einerseits haben wir die natürliche Fluktuation genutzt und auslaufende Verträge konsequent nicht verlängert. Andererseits haben wir ein umfangreiches und attraktives Freiwilligenprogramm aufgesetzt. Das hat vielen gerade auch langjährigen Kolleginnen und Kollegen einen Ausstieg aus dem Unternehmen mit einer Abfindung, einem Anreiz für einen vorgezogenen Renteneintritt oder einer Altersteilzeitregelung ermöglicht. Auf wirtschaftlicher Seite hilft uns das in Verbindung mit der Kurzarbeit enorm weiter, denn so werden wir die Personalkosten in Frankfurt gegenüber 2019 jährlich um zunächst rund 250 Millionen Euro oder etwa 30 Prozent senken.

 

Wenn so viele Beschäftigte ein Unternehmen verlassen, bringt das natürlich große Veränderungen mit sich. Wir erleben bei Fraport eine Zeit des Umbruchs. Teams finden sich neu, Prozesse werden neu gestaltet, die Arbeitsabläufe müssen sich einspielen. Das haben wir als Chance gesehen, und neben den notwendigen Einsparungen auch Anpassungen auf organisatorischer Ebene vorgenommen. Seit dem 1. Januar arbeiten wir in einer neuen Struktur. Wir haben mehr als 300 Einzelmaßnahmen umgesetzt, um noch kundenorientierter, effizienter und auch digitaler zu werden. Prozesse wurden schlanker gestaltet und bürokratische Hürden abgebaut. Wir arbeiten künftig schneller und flexibler über Bereichsgrenzen hinweg zusammen. Auch Führungspositionen haben wir gestrichen, in einigen Bereichen sogar ganze Führungsebenen.

Infolge der Pandemie hat sich aber auch in der Art und Weise, wie wir arbeiten und zusammenarbeiten, einiges verändert. Zum Schutz der Beschäftigten vor Infektion haben wir im vergangenen Jahr überall, wo es betrieblich möglich war, schnell und flächendeckend Homeoffice eingeführt. Es war eine starke Leistung unserer IT-Abteilung, innerhalb von kürzester Zeit die technischen Voraussetzungen hierfür zu schaffen. Wir haben beispielsweise unternehmensweit Microsoft Teams ausgerollt, um Termine und Besprechungen virtuell abhalten zu können. Gerade in den herausfordernden Zeiten von Kurzarbeit und Lockdown war das eine tolle Möglichkeit, um in Kontakt zu bleiben und sich regelmäßig austauschen zu können. Mittlerweile gehört das im Arbeitsalltag dazu. Wir sind aber froh, wenn wir bei sinkenden Inzidenzen hoffentlich bald auch wieder Termine vor Ort abhalten können – denn der persönliche Austausch bleibt unersetzlich. Trotzdem bleiben Videokonferenzen eine wichtige zusätzliche Option.

Auch vor der Krise hatten unsere Beschäftigten die Möglichkeit zur Telearbeit, doch letztlich war das über das gesamte Unternehmen gesehen eher die Ausnahme als die Regel. Durch Corona hat das Thema im vergangenen Jahr eine ganz andere Dringlichkeit erhalten. Wir mussten besonders flexibel sein und noch schneller handeln. Aus dieser Erfahrung haben wir viel gelernt. Auch wenn der Infektionsschutz dies nicht mehr verlangt, möchten wir unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mobiles Arbeiten im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten ermöglichen. Daher handeln wir aktuell mit dem Betriebsrat eine entsprechende neue Betriebsvereinbarung aus. Die Veränderungen, die durch die Pandemie angestoßen wurden, wirken so auch danach weiter. Letztlich hat Corona einen Wandel beschleunigt, der zuvor bereits begonnen hatte.

Mittlerweile erholen sich die Passagierzahlen langsam wieder. Der Impffortschritt in Deutschland und vielen wichtigen europäischen Zielländern, die etablierte Teststrategie und die weltweite Rücknahme von Reisewarnungen machen Hoffnung auf einen guten Sommer. Wir sind davon überzeugt, langfristig im Luftverkehrsmarkt dann auch wieder Wachstum zu sehen. Deshalb halten wir auch an unserer Berufsausbildung fest und investieren weiterhin in qualifizierte Nachwuchskräfte, allerdings stellen wir in den kommenden Jahren etwas weniger Auszubildende ein als zuvor. Wenn sich die Lage im Luftverkehrsmarkt wieder erholt, werden wir wieder Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften haben.

Der Flughafen Frankfurt wird auch künftig Deutschlands wichtigstes Luftverkehrsdrehkreuz bleiben und seine bedeutsame Rolle für das Exportland wahrnehmen. Firmen werden sich weiterhin aufgrund der hervorragenden Verkehrsanbindung für Rhein-Main als Standort entscheiden. Wenn die Verkehrsmengen wieder ansteigen, werden wir in den Jahren danach auch wieder mehr Personal einstellen können, insbesondere in den operativen Bereichen. Daher sind wir überzeugt, durch die angestoßenen Veränderungen nicht nur die Krise gut zu meistern, sondern langfristig auch wieder unseren Beitrag als Jobmotor in der Region zu leisten.